Keplersche Gesetze

von Michael Brunnbauer, Letztes Update 2022-04-05

Verfasst für meine Tochter Elisa.

Die Keplerschen Gesetze ergeben sich aus der Lösung des Einkörperproblems, bei dem ein Körper (z.B. Planet) und ein sehr viel schwererer Körper (z.B. Sonne) sich gegenseitig durch Gravitation anziehen. Die Bewegung des schweren Körpers wird dabei vernachlässigt.

Da die Anziehungskraft immer entlang der Verbindungslinie beider Körper wirkt und sonst keine Kräfte vorhanden sind, findet die Bewegung innerhalb einer festen Ebene statt, die durch die Verbindungslinie und die Geschwindigkeit des leichteren Körpers aufgespannt wird. Als Ursprung des Koordinatensystems wird der Mittelpunkt des schwereren Körpers verwendet.

Die Position des bewegten Körpers zu jedem Zeitpunkt kann durch zwei Zahlen angegeben werden: x und y-Koordinate (kartesische Koordinaten) oder Abstand und Winkel vom schwereren Körper (Polarkoordinaten).

In kartesischen Koordinaten x und y ausgedrückt ergibt sich folgendes Bild:

$$ r = \sqrt{x^2+y^2} $$ $$ |F| = \frac{G \cdot m \cdot M}{r^2} $$ \( r \) ist der Abstand zwischen beiden Körpern, \( G \) ist die Gravitationskonstante, \( M \) die Masse der Sonne und \( m \) die Masse des Planeten. $$ \frac{F_x}{|F|} = - \frac{x}{r} $$ $$ \frac{F_y}{|F|} = - \frac{y}{r} $$ $$ F_x = m \cdot a_x $$ $$ F_y = m \cdot a_y $$ $$ F_x = - |F| \cdot \frac{x}{r} = - \frac{G \cdot m \cdot M \cdot x}{r^3} = m \cdot a_x $$ $$ F_y = - |F| \cdot \frac{y}{r} = - \frac{G \cdot m \cdot M \cdot y}{r^3} = m \cdot a_y $$ Es ergeben sich folgende Gleichungen: $$ r = \sqrt{x^2+y^2} $$ $$ a_x = - \frac{G \cdot M \cdot x}{r^3} $$ $$ a_y = - \frac{G \cdot M \cdot y}{r^3} $$ Man beachte, dass die Masse \( m \) des Planeten sich herauskürzt und die Bahn unabhängig von seiner Masse ist (träge Masse = schwere Masse).

Hierbei sind \( r, x, y \) und \( a \) Funktionen der Zeit. \( a_x \) ist die Zweite Ableitung von \( x \) und \( a_y \) ist die zweite Ableitung von \( y \). Eine Gleichung, in der eine Funktion und ihre Ableitungen vorkommen, nennt man Differentialgleichung. Gesucht sind die Funktionen \( x(t) \) und \( y(t) \), die die Differentialgleichung erfüllen.

Für das Einkörperproblem lässt sich eine Lösung finden, aus der sich die Keplerschen Gesetze ergeben. Dies ist allerdings recht kompliziert. Das Zweikörperproblem (Anziehung des schwereren Körpers durch den leichteren wird nicht vernachlässigt) lässt sich ebenfalls lösen. Ab drei Körpern gibt es in der Regel keine Lösung mehr, die sich mit endlichen, üblichen Termen schreiben lässt. Man verwendet dann Näherungsverfahren, in denen für kurze Zeiträume konstante Geschwindigkeiten angenommen werden und der konkrete Verlauf der Funktion ausgehend von den Anfangswerten berechnet wird: Die Anfangpositionen ergeben die Beschleunigung und zusammen mit den Anfangsgeschwindigkeiten die neuen Positionen und Geschwindigkeiten.

Quelle: The Feynman Lectures on Physics, Volume I, Chapter 9

Zweites Keplersches Gesetz



M stellt die Position der Sonne dar. Die Bahnbewegung kann durch gerade Bahnsegmente gleicher Zeit, in denen sich der Planet mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, beliebig genau angenähert werden. Wir nehmen an, der Planet bewegt sich von A nach B mit konstanter Geschwindigkeit. Wenn die Gerade durch M und A die y-Achse des Koordinatensystems darstellt, hat der Planet die Strecke \( \overline{AD} \) in y-Richtung und \( \overline{DB} \) in x-Richtung zurückgelegt. Die überstrichene Fläche in diesem Bahnsegment ist \( F_1 = \frac{1}{2} \cdot \overline{MA} \cdot \overline{DB} \).

Stellt dagegen die Gerade durch M und C die y-Achse des Koordinatensystems dar, hat der Planet die Strecke \( \overline{CB} \) in y-Richtung und \( \overline{AC} \) in x-Richtung zurückgelegt. Bewegt sich der Punkt von B weiter, muss wegen der Beschleunigung durch die Gravitationskraft eine neue mittlere Geschwindigkeit berechnet werden. Die x-Komponente der Geschwindigkeit in diesem Koordinatensystem bleibt aber unverändert, da die Kraft ja paralell zur neuen y-Achse wirkt! Der Planet wird also die gleiche Strecke \( \overline{AC} \) senkrecht zur geraden durch M und C zurücklegen. Gleichzeitig bewegt er sich entlang der Richtung von B nach M. Die überstrichene Fläche \( F_2 \) im nächsten Bahnsegment ist ein Dreieck mit \( \overline{AC} \) als Höhe und \( \overline{MB} \) als Grundlinie. Sei \( \alpha \) der Winkel DMB: $$ F_1 = \frac{1}{2} \cdot \overline{MA} \cdot \overline{DB} $$ $$ \alpha = asin \left(\frac{\overline{DB}}{\overline{MB}}\right) $$ $$ \overline{AC} = \overline{MA} \cdot sin(\alpha) = \overline{MA} \cdot \frac{\overline{DB}}{\overline{MB}} $$ $$ F_2 = \frac{1}{2} \cdot \overline{MB} \cdot \overline{AC} = \frac{1}{2} \cdot \overline{MB} \cdot \overline{MA} \cdot \frac{\overline{DB}}{\overline{MB}} = \frac{1}{2} \cdot \overline{MA} \cdot \overline{DB} = F_1 $$ Da gleiche, beliebig kleine Zeiträume mit konstanter Geschwindigkeit gleiche Flächen ergeben, gilt dies auch für die exakten Flächen unter der echten Bahnkurve.

Das Produkt aus dem Abstand zum Schwerpunkt (Sonne) und dem Anteil des Impulses (Masse mal Geschwindigkeit), der senkrecht zur Verbindungslinie steht, wird Drehimpuls genannt und ist eine Erhaltungsgröße. Das zweite Keplersche Gesetz ist Ausdruck der Erhaltung des Drehimpulses bei Planetenbahnen.

Quelle: Wikipedia

Erstes Keplersches Gesetz

Eine Analyse der beteiligten Energieformen unter Berücksichtigung der Energieerhaltung kann das erste Keplersche Gesetz zumindest anschaulich begründen.

Die konstante Gesamtenergie des Systems setzt sich aus kinetischer Energie und potentieller Energie des Gravitationsfeldes zusammen: $$ E = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v^2 - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$ Warum das Minus? Die potentielle Energie des Gravitationsfeldes am Punkt \( r \) ist die Energie, welche aufgebracht werden muss, um den Körper aus dem Schwerefeld zu bringen (so dass er unendlich weit weg zum Stillstand kommt). Sie ist 0 bei unendlicher Entfernung, negativ bei endlicher Entfernung und steigt im Betrag, wenn man dem Körper näher kommt. Trotz des negativen Vorzeichens bedeutet eine höhere potentielle Energie also, dass mehr Energie im System steckt. Warum die Wahl des Unendlichen als Bezugspunkt? Der Mittelpunkt des anziehenden Körpers ist ungeeignet, da die Gravitationskraft dort unendlich hoch ist.

Die kinetische Energie lässt sich aufteilen in die Energie, die in der radialen Geschwindigkeit \( v_r \) steckt (entlang der Verbindungslinie) und die, welche in der tangentialen Geschwindigkeit \( v_t \) steckt (senkrecht zur Verbindungslinie): $$ E = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_r^2 + \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_t^2 - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$ Für den Drehimpuls \( L \) gilt: $$ L = v_t \cdot r \cdot m $$ $$ v_t = \frac{L}{r \cdot m} $$ $$ v_t^2 = \frac{L^2}{r^2 \cdot m^2} $$ Dies setzen wir in obige Gleichung ein und lösen nach \( v_r^2 \) auf: $$ E = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_r^2 + \frac{L^2}{2 \cdot r^2 \cdot m} - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$ $$ v_r^2 = \frac{2}{m} \cdot ( E - \frac{L^2}{2 \cdot r^2 \cdot m} + \frac{G \cdot M \cdot m}{r} ) $$ Da \( v_r \) die Ableitung von \( r \) nach der Zeit ist, handelt es sich hier wieder um eine Differentialgleichung, die das Problem beschreibt und gelöst werden kann (gesucht ist die Funktion \( r(t) \)). Leider ist die Lösung auch hier zu anspruchsvoll, weswegen wir nur Randbedingungen anhand der vorhandenen Gleichung ermitteln. Es sei noch angemerkt, dass \( m \) auch in dieser Gleichung letztendlich keine Rolle spielt, da es auch in \( L \) enthalten ist und sich damit herauskürzen ließe. $$ v_r^2 = \frac{2}{m} \cdot ( E - V_{eff}(r) ) $$ $$ V_{eff}(r) = \frac{L^2}{2 \cdot r^2 \cdot m} - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$ Der Term für die tangentiale kinetische Energie hängt nur von \( r \) ab (\( L \) ist konstant) und verhält sich deshalb ähnlich dem Energiepotential für die Gravitation. Die beiden Terme werden deshalb zu einem Term für die effektive potentielle Energie \( V_{eff}(r) \) zusamengefasst. Es lässt sich schon jetzt ablesen, dass \( V_{eff}(r) \) nicht größer als \( E \) werden darf, da das Quadrat der radialen Geschwindigkeit nicht negativ sein kann.

Für die Analyse ist noch die Differenz aus Zentrifugalkraft und Gravitationskraft interessant, die die radiale Beschleunigung erzeugt. Für die Zentrifugalkraft gilt: $$ F_z = m \cdot \frac{v_t^2}{r} $$ Weiter oben haben wir hergeleitet: $$ v_t^2 = \frac{L^2}{r^2 \cdot m^2} $$ Also gilt: $$ F_z = \frac{L^2}{m \cdot r^3} $$ Damit ergibt sich für die radiale Beschleunigungskraft: $$ F_r = \frac{L^2}{m \cdot r^3} - \frac{G \cdot M \cdot m}{r^2} $$ Die effektive potentielle Energie und \( F_r \) entwickeln sich für einen typischen konstanten Drehimpuls wie folgt in Abhängigkeit vom Radius:



In der Grafik sind vier Beispiele für die Gesamtenergie \( E \) als grüne Linien eingezeichnet.

Quelle: Wikipedia

Illustration

Die folgende interaktive Grafik illustriert einen Satelliten im Orbit, bei dem der Abstand vom Erdmittelpunkt \( r \) und die Geschwindigkeit \( v \) beim eingezeichneten Bahnpunkt verändert werden kann. Die Änderung der Geschwindigkeit zeigt genau, wie die Bahn sich verändert, wenn der Satellit an der eingezeichneten Stelle seine Geschwindigkeit mit einem kurzen Schub verändert.

Es handelt sich bei der Voreinstellung um einen geostationären, kreisförmigen Orbit, bei dem der Satellit sich mit der Erde mitdreht - also in 24 Stunden eine Kreisbahn vollendet. Die Einheit der Koordinatenachsen ist 10.000 km. Falls die Bahn die Erdoberfläche trifft, wird sie dort nicht mehr gezeichnet. Dies gilt auch für die gesamte Bahnkurve, wenn die Geschwindigkeit so gross ist, dass das Schwerefeld der Erde verlassen wird (Fluchtgeschwindigkeit).



Die folgende Grafik zeigt, wie sich das effektive Potential und die Position des Satelliten darin mit den Parametern ändern. Das Potential wird hier auch innerhalb der Erdkugel gezeichnet - als ob sie eine punktförmige Masse wäre.



Für kreisförmige Bahnen gilt, dass die Zentrifugalkraft vom Betrag her gleich der Anziehungskraft ist: $$ m \cdot \frac{v^2}{r} = \frac{G \cdot M \cdot m}{r^2} $$ $$ v = \sqrt{\frac{G \cdot M}{r}} $$ Für die Umlaufzeit \( T \) gilt zusätzlich: $$ \frac{2 \cdot \pi \cdot r}{v} = T $$ $$ 2 \cdot \pi \cdot r \cdot \sqrt{\frac{r}{G \cdot M}} = T $$ $$ \frac{4 \cdot \pi^2 \cdot r^3}{G \cdot M} = T^2 $$ Damit ist das dritte Keplersche Gesetz zumindest für kreisförmige Bahnen bewiesen. Für den geostationären Orbit (Umlaufzeit ein Tag) gilt dann: $$ r = \sqrt[3]{\frac{86400^2 \cdot G \cdot M}{4 \cdot \pi^2 }} $$