Die Keplerschen Gesetze ergeben sich aus der Lösung des Einkörperproblems,
bei dem ein Körper (z.B. Planet) und ein sehr viel schwererer Körper (z.B.
Sonne) sich gegenseitig durch Gravitation anziehen. Die Bewegung des schweren
Körpers wird dabei vernachlässigt.
Da die Anziehungskraft immer entlang der
Verbindungslinie beider Körper wirkt und sonst keine Kräfte vorhanden sind,
findet die Bewegung innerhalb einer festen Ebene statt, die durch die
Verbindungslinie und die Geschwindigkeit des leichteren Körpers aufgespannt
wird. Als Ursprung des Koordinatensystems wird der Mittelpunkt des
schwereren Körpers verwendet.
Die Position des bewegten Körpers zu jedem Zeitpunkt kann durch zwei Zahlen
angegeben werden: x und y-Koordinate (kartesische Koordinaten) oder
Abstand und Winkel vom schwereren Körper (Polarkoordinaten).
In kartesischen Koordinaten x und y ausgedrückt ergibt sich folgendes
Bild:
$$ r = \sqrt{x^2+y^2} $$
$$ |F| = \frac{G \cdot m \cdot M}{r^2} $$
\( r \) ist der Abstand zwischen beiden Körpern, \( G \) ist die
Gravitationskonstante, \( M \) die Masse der Sonne
und \( m \) die Masse des Planeten.
$$ \frac{F_x}{|F|} = - \frac{x}{r} $$
$$ \frac{F_y}{|F|} = - \frac{y}{r} $$
$$ F_x = m \cdot a_x $$
$$ F_y = m \cdot a_y $$
$$ F_x = - |F| \cdot \frac{x}{r} = - \frac{G \cdot m \cdot M \cdot x}{r^3} = m \cdot a_x $$
$$ F_y = - |F| \cdot \frac{y}{r} = - \frac{G \cdot m \cdot M \cdot y}{r^3} = m \cdot a_y $$
Es ergeben sich folgende Gleichungen:
$$ r = \sqrt{x^2+y^2} $$
$$ a_x = - \frac{G \cdot M \cdot x}{r^3} $$
$$ a_y = - \frac{G \cdot M \cdot y}{r^3} $$
Man beachte, dass die Masse \( m \) des Planeten sich herauskürzt
und die Bahn unabhängig von seiner Masse ist (träge Masse = schwere Masse).
Hierbei sind \( r, x, y \) und \( a \) Funktionen der Zeit. \( a_x \) ist die
Zweite Ableitung von \( x \) und \( a_y \) ist die zweite Ableitung von \( y \).
Eine Gleichung, in der eine Funktion und ihre Ableitungen vorkommen, nennt
man Differentialgleichung. Gesucht sind die Funktionen \( x(t) \) und
\( y(t) \), die die Differentialgleichung erfüllen.
Für das Einkörperproblem lässt sich eine Lösung finden, aus der sich die
Keplerschen Gesetze ergeben. Dies ist allerdings recht kompliziert. Das
Zweikörperproblem (Anziehung des schwereren Körpers durch den leichteren
wird nicht vernachlässigt) lässt sich ebenfalls lösen. Ab drei Körpern gibt
es in der Regel keine Lösung mehr, die sich mit endlichen, üblichen Termen
schreiben lässt. Man verwendet dann Näherungsverfahren, in denen für
kurze Zeiträume konstante Geschwindigkeiten angenommen werden und der
konkrete Verlauf der Funktion ausgehend von den Anfangswerten berechnet wird:
Die Anfangpositionen ergeben die Beschleunigung und zusammen mit den
Anfangsgeschwindigkeiten die neuen Positionen und Geschwindigkeiten.
M stellt die Position der Sonne dar. Die Bahnbewegung kann durch gerade
Bahnsegmente gleicher Zeit, in denen sich der Planet mit konstanter
Geschwindigkeit bewegt, beliebig genau angenähert werden. Wir nehmen an, der
Planet bewegt sich von A nach B mit konstanter Geschwindigkeit. Wenn die
Gerade durch M und A die y-Achse des Koordinatensystems darstellt, hat der
Planet die Strecke \( \overline{AD} \) in y-Richtung und \( \overline{DB} \) in
x-Richtung zurückgelegt. Die überstrichene Fläche in diesem Bahnsegment ist
\( F_1 = \frac{1}{2} \cdot \overline{MA} \cdot \overline{DB} \).
Stellt dagegen die Gerade durch M und C die y-Achse des Koordinatensystems
dar, hat der Planet die Strecke \( \overline{CB} \) in y-Richtung und
\( \overline{AC} \) in x-Richtung zurückgelegt.
Bewegt sich der Punkt von B weiter, muss wegen der Beschleunigung durch die
Gravitationskraft eine neue mittlere Geschwindigkeit berechnet werden. Die
x-Komponente der Geschwindigkeit in diesem Koordinatensystem bleibt aber
unverändert, da die Kraft ja paralell zur neuen y-Achse wirkt! Der Planet wird
also die gleiche Strecke \( \overline{AC} \) senkrecht zur geraden durch
M und C zurücklegen. Gleichzeitig bewegt er sich entlang der Richtung von
B nach M. Die überstrichene Fläche \( F_2 \) im nächsten Bahnsegment ist ein
Dreieck mit \( \overline{AC} \) als Höhe und \( \overline{MB} \) als
Grundlinie. Sei \( \alpha \) der Winkel DMB:
$$ F_1 = \frac{1}{2} \cdot \overline{MA} \cdot \overline{DB} $$
$$ \alpha = asin \left(\frac{\overline{DB}}{\overline{MB}}\right) $$
$$ \overline{AC} = \overline{MA} \cdot sin(\alpha) = \overline{MA} \cdot \frac{\overline{DB}}{\overline{MB}} $$
$$ F_2 = \frac{1}{2} \cdot \overline{MB} \cdot \overline{AC} = \frac{1}{2} \cdot \overline{MB} \cdot \overline{MA} \cdot \frac{\overline{DB}}{\overline{MB}} = \frac{1}{2} \cdot \overline{MA} \cdot \overline{DB} = F_1 $$
Da gleiche, beliebig kleine Zeiträume mit konstanter Geschwindigkeit gleiche
Flächen ergeben, gilt dies auch für die exakten Flächen unter der echten
Bahnkurve.
Das Produkt aus dem Abstand zum Schwerpunkt (Sonne) und dem Anteil des
Impulses (Masse mal Geschwindigkeit), der senkrecht zur Verbindungslinie
steht, wird Drehimpuls genannt und ist eine Erhaltungsgröße. Das zweite
Keplersche Gesetz ist Ausdruck der Erhaltung des Drehimpulses bei
Planetenbahnen.
Eine Analyse der beteiligten Energieformen unter Berücksichtigung der
Energieerhaltung kann das erste Keplersche Gesetz zumindest anschaulich
begründen.
Die konstante Gesamtenergie
des Systems setzt sich aus kinetischer Energie und potentieller Energie
des Gravitationsfeldes zusammen:
$$ E = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v^2 - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$
Warum das Minus? Die potentielle Energie des Gravitationsfeldes am Punkt
\( r \) ist die Energie, welche aufgebracht werden muss, um den Körper
aus dem Schwerefeld zu bringen (so dass er unendlich weit weg zum Stillstand
kommt). Sie ist 0 bei unendlicher Entfernung, negativ bei endlicher Entfernung
und steigt im Betrag, wenn man dem Körper näher kommt. Trotz des negativen
Vorzeichens bedeutet eine höhere potentielle Energie also, dass mehr Energie
im System steckt. Warum die Wahl des Unendlichen als Bezugspunkt? Der
Mittelpunkt des anziehenden Körpers ist ungeeignet, da die Gravitationskraft
dort unendlich hoch ist.
Die kinetische Energie lässt sich aufteilen in die Energie, die in der
radialen Geschwindigkeit \( v_r \) steckt (entlang der Verbindungslinie) und
die, welche in der tangentialen Geschwindigkeit \( v_t \) steckt (senkrecht
zur Verbindungslinie):
$$ E = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_r^2 + \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_t^2 - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$
Für den Drehimpuls \( L \) gilt:
$$ L = v_t \cdot r \cdot m $$
$$ v_t = \frac{L}{r \cdot m} $$
$$ v_t^2 = \frac{L^2}{r^2 \cdot m^2} $$
Dies setzen wir in obige Gleichung ein und lösen nach \( v_r^2 \) auf:
$$ E = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_r^2 + \frac{L^2}{2 \cdot r^2 \cdot m} - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$
$$ v_r^2 = \frac{2}{m} \cdot ( E - \frac{L^2}{2 \cdot r^2 \cdot m} + \frac{G \cdot M \cdot m}{r} ) $$
Da \( v_r \) die Ableitung von \( r \) nach der Zeit ist, handelt es sich
hier wieder um eine Differentialgleichung, die das Problem beschreibt und
gelöst werden kann (gesucht ist die Funktion \( r(t) \)). Leider ist die
Lösung auch hier zu anspruchsvoll, weswegen wir nur Randbedingungen
anhand der vorhandenen Gleichung ermitteln. Es sei noch angemerkt, dass
\( m \) auch in dieser Gleichung letztendlich keine Rolle spielt, da es auch
in \( L \) enthalten ist und sich damit herauskürzen ließe.
$$ v_r^2 = \frac{2}{m} \cdot ( E - V_{eff}(r) ) $$
$$ V_{eff}(r) = \frac{L^2}{2 \cdot r^2 \cdot m} - \frac{G \cdot M \cdot m}{r} $$
Der Term für die tangentiale kinetische Energie hängt nur von \( r \) ab
(\( L \) ist konstant) und verhält sich deshalb ähnlich dem Energiepotential
für die Gravitation.
Die beiden Terme werden deshalb zu einem Term für die
effektive potentielle Energie \( V_{eff}(r) \) zusamengefasst. Es lässt
sich schon jetzt ablesen, dass \( V_{eff}(r) \) nicht größer als \( E \) werden
darf, da das Quadrat der radialen Geschwindigkeit nicht negativ sein kann.
Für die Analyse ist noch die Differenz aus Zentrifugalkraft
und Gravitationskraft interessant, die die radiale Beschleunigung erzeugt.
Für die Zentrifugalkraft gilt:
$$ F_z = m \cdot \frac{v_t^2}{r} $$
Weiter oben haben wir hergeleitet:
$$ v_t^2 = \frac{L^2}{r^2 \cdot m^2} $$
Also gilt:
$$ F_z = \frac{L^2}{m \cdot r^3} $$
Damit ergibt sich für die radiale Beschleunigungskraft:
$$ F_r = \frac{L^2}{m \cdot r^3} - \frac{G \cdot M \cdot m}{r^2} $$
Die effektive potentielle Energie und \( F_r \) entwickeln sich für einen
typischen konstanten Drehimpuls wie folgt in Abhängigkeit vom Radius:
In der Grafik sind vier Beispiele für die Gesamtenergie \( E \) als grüne
Linien eingezeichnet.
Im untersten Beispiel \( E < V_{effmin} \) liegt die
Energie unter dem Minimum der effektiven Potentialkurve. Das Quadrat der
Geschwindigkeit ist hier immer negativ, weswegen dies keine mögliche Lösung
darstellt.
Bei \( E = V_{effmin} \) ist \( v_r = 0 \) - der Radius der Bahn ändert sich
nicht. Das ist die kreisförmige Bahn.
Bei \( V_{effmin} < E < 0 \) gibt es genau zwei Schnittpunkte mit
\( V_{eff} \) bei zwei verschiedenen Radien \( r_{min} \) und \( r_{max} \).
An diesen Punkten ist die radiale Geschwindigkeit 0, die radiale Kraft
bzw. Beschleunigung allerdings nicht. Letztere sorgt dafür, dass die Bahn
zwischen beiden Wendepunkten oszilliert. So entstehen die elliptischen Bahnen.
Bei \( E \geq 0 \) ist die kinetische Energie vom Betrag her mindestens so
hoch wie die potentielle Energie der Gravitation. Das Schwerefeld wird
verlassen ("Fluchtgeschwindigkeit"), nachdem sich der Körper bis auf
\( r_{min} \) angenähert hat.
Die folgende interaktive Grafik illustriert einen Satelliten im Orbit, bei dem
der Abstand vom Erdmittelpunkt \( r \) und die Geschwindigkeit \( v \) beim
eingezeichneten Bahnpunkt verändert werden kann. Die Änderung der
Geschwindigkeit zeigt genau, wie die Bahn sich verändert, wenn der Satellit
an der eingezeichneten Stelle seine Geschwindigkeit mit einem kurzen Schub
verändert.
Es handelt sich bei der
Voreinstellung um einen geostationären, kreisförmigen Orbit, bei dem der
Satellit sich mit der Erde mitdreht - also in 24 Stunden eine Kreisbahn
vollendet. Die Einheit der Koordinatenachsen ist 10.000 km. Falls die
Bahn die Erdoberfläche trifft, wird sie dort nicht mehr gezeichnet. Dies gilt
auch für die gesamte Bahnkurve, wenn die Geschwindigkeit so gross ist, dass das
Schwerefeld der Erde verlassen wird (Fluchtgeschwindigkeit).
Die folgende Grafik zeigt, wie sich das effektive Potential und die Position
des Satelliten darin mit den Parametern ändern. Das Potential wird hier auch
innerhalb der Erdkugel gezeichnet - als ob sie eine punktförmige Masse wäre.
Für kreisförmige Bahnen gilt, dass die Zentrifugalkraft vom
Betrag her gleich der Anziehungskraft ist:
$$ m \cdot \frac{v^2}{r} = \frac{G \cdot M \cdot m}{r^2} $$
$$ v = \sqrt{\frac{G \cdot M}{r}} $$
Für die Umlaufzeit \( T \) gilt zusätzlich:
$$ \frac{2 \cdot \pi \cdot r}{v} = T $$
$$ 2 \cdot \pi \cdot r \cdot \sqrt{\frac{r}{G \cdot M}} = T $$
$$ \frac{4 \cdot \pi^2 \cdot r^3}{G \cdot M} = T^2 $$
Damit ist das dritte Keplersche Gesetz zumindest für kreisförmige Bahnen
bewiesen. Für den geostationären Orbit (Umlaufzeit ein Tag) gilt dann:
$$ r = \sqrt[3]{\frac{86400^2 \cdot G \cdot M}{4 \cdot \pi^2 }} $$